Gunnar
lebte bei seinen Großeltern im schönen Bayern. Er war sieben Jahre alt und ging das erste Jahr zur Schule. Seine Großeltern liebten ihn sehr und versuchten alles erdenkliche, um ihn über den Verlust seiner Eltern, die bei einem Verkehrsunfall ums Leben kamen, hinweg zu helfen. Damals war Gunnar gerade einmal fünf Jahre alt. Er musste seine gewohnte Umgebung von einem Tag auf den anderen verlassen. Von nun an lebte er nicht mehr am Meer sondern in den Bergen. Aber auch wenn er seine Eltern manchmal vermisste, fühlte Gunnar sich doch wohl auf dem Bauernhof seiner Großeltern. Er liebte die Tiere, die es dort gab und konnte sich in dem kleinen Dorf frei bewegen. Die Leute im Dorf waren nett zu ihm, schon weil sein Schicksal sie berührte. Gunnar lebte sich gut ein und fand auf seinen Streifzügen durch das Dorf bald Spielkameraden in seinem Alter. Sein erstes Jahr im Hause seiner Großeltern verlief für ihn gut, er hatte viele neue Eindrücke zu verarbeiten und das verdrängte immer mehr den Kummer.
Schon bald entpuppte er sich als wahre Frohnatur.
Als Gunnar seinen sechsten Geburtstag gefeiert hatte, fragten ihn die Großeltern eines Sonntags, ob es ihm etwas ausmachen würde, wenn sie ihn mal für zwei Stunden allein lassen müssten. Dagegen hatte er nichts, denn er war kein besonders ängstliches Kind und ja nun schon sechs Jahre alt, also fast erwachsen, wie er meinte. Neugierig war Gunnar allerdings schon, warum er die Großeltern nicht begleiten sollte, wie sonst auch, wenn sie das Haus verließen. Die wichen seiner Frage allerdings aus und meinten, dass sie mit ihm darüber erst sprechen möchten wenn er etwas älter geworden ist. An den kommenden Sonntagen blieben die Großeltern wie gewohnt zu Hause und Gunnar vergaß die Geschichte, bis wieder mal ein Sonntag kam und sie ohne ihn los wollten.
Gunnar wartete ab, bis sie das Haus verließen und ging ihnen nach. Sie steuerten auf ein Haus zu, was etwas abseits vom Dorf auf einem Hügel stand. Es hatte einen hohen Turm und von dem Turm aus hörte er das Geläut einer Glocke. Nicht nur die Großeltern, sondern fast alle Leute aus dem kleinen Dorf strömten dort hin, alle herausgeputzt in ihrer besten Kleidung. Bis ganz auf den Hügel wagte Gunnar sich nicht, aber er wartete ab, was dort geschah und hörte bald, dass Gesang aus dem geheimnisvollen Hause kam. Als der Gesang verstummte, wurde es ihm bald langweilig und er beschloss, lieber wieder in das Haus der Großeltern zurück zu kehren. Als die beiden dann endlich heim kamen, hielt er es nicht mehr aus und löcherte sie so lange, bis sie nachgaben und das Geheimnis lüfteten.
So erfuhr Gunnar erstmals vom Glauben an Götter im Allgemeinen, von Kirchen und all dem, was man da so tut, vom Glauben seiner Großeltern und letztlich vom Pastafaritum. Seine Eltern waren Pastafari, glaubten also nicht an den Gott, den die Großeltern damals verehrten. Anfangs verstimmte die das sehr. Als Gunnar dann geboren wurde und auf Wunsch der Eltern keine Taufe erhalten sollte, waren sie fassungslos. Die Eltern meinten, dass Gunnar, sobald er das vierzehnte Jahr erreicht hat, selbst entscheiden kann, ob er getauft werden möchte. Dann ist er alt genug, zu entscheiden, ob er sich einem Glauben zuwenden möchte, oder nicht. Das fanden die Großeltern bei näherer Betrachtung ganz einleuchtend. Sie versprachen den Eltern, Gunnar nicht mit ihren religiösen  Ansichten zu beeinflussen.
Als dann der schreckliche Unfall geschah und die Eltern von einem Tag zum anderen nicht mehr da waren, begannen die Großeltern sehr stark an ihrem Glauben zu zweifeln. Ihr lieber Gott hatte sie im Sich gelassen, obwohl sie sich immer bemühten, so zu leben, wie es ihnen der Pfarrer in der Kirche predigte. Das war auch die Zeit, in der sie das Evangelium der Pastafari zu lesen begannen. Anfangs taten sie das         mehr aus Verpflichtung gegenüber ihrem Enkel. So beim Lesen des Evangeliums freundeten sie sich jedoch ganz langsam mit dem Glauben an das Fliegende Spaghettimonster an. Sie waren sich einig, ihrem Enkel zu gegebener Zeit darüber zu erzählen. Vorerst hielten sie sich allerdings erst einmal ganz allgemein, um einen Sechsjährigen nicht mit all dem zu überfordern oder zu beeinflussen.
Als Gunnar an diesem Abend im Bett lag, konnte er lange nicht einschlafen und dachte über das Gehörte nach. Aber irgend wann klappten ihm doch die Augen zu und am anderen Morgen dachte er darüber nicht mehr weiter nach.
Seine Großeltern besuchten von Zeit zu Zeit die Kirche, aber Gunnar wusste ja nun Bescheid. Die Großeltern gingen nur deshalb noch zur Messe, weil sie ahnten, was ihnen blühte, wenn sie nicht lebten, wie alle anderen im Dorf.
Bald aber fingen die Dorfbewohner an, nach Gunnar zu fragen. Sie wollten wissen, warum er nicht mit zum Gottesdienst kam. Die Großeltern eierten herum, die Dorfbewohner wurden hartnäckiger und bohrten so lange, bis die Großeltern nicht mehr verheimlichen konnten, dass Gunnar nicht getauft ist und weil das Thema nun auf dem Tisch war, stellten sie sich hinter Gunnar und kehrten von einem zum anderen Moment ihrer Kirche den Rücken, erleichtet, endlich reinen Tisch gemacht zu haben. Das war das Ende der unbeschwerten Tage für Gunnar und gleichzeitig der Beginn seiner Schulzeit.
Von den vielen Spielkameraden blieb ihm nur einer übrig, Hans. Die Eltern von Hans hielten es ähnlich mit der Religion, wie Gunnars Großeltern. Sie sprachen mit Hans, als er die Geschichte über Gunnars Fliegendes Spaghettimonster mit nach Hause brachte und fanden es ziemlich schuftig, einen Freund zu verstoßen, bloß weil er nicht mit ihnen sonntags die Kirchbank drückt. So blieben Hans und Gunnar auch weiterhin Freunde.
Gunnar blieb es nicht erspart, den Religionsunterricht zu besuchen. Erst freute er sich, endlich mehr darüber zu erfahren, was da in dem Kirchlein auf dem Hügel so geschah, denn die Großeltern wollten von diesem Thema erst mal gar nichts mehr wissen. Dann wunderte er sich, fragte er den Lehrer danach. Leider ging das so richtig in die Hose.
Der Lehrer machte ihm deutlich, dass das hier nicht zur Debatte steht und schmiss noch ein paar unschöne Bemerkungen hinterher. Für den Rest der Klasse war das Feuer aufs Stroh. Ihre gelegentlichen Hänseleien wurden von nun an häufiger und schärfer. Die Klasse fühlte sich im Recht, hatte sie ja alle Erwachsenen auf ihrer Seite.
Seine Mitschüler begannen jetzt bei jeder passenden Gelegenheit mit dem Finger auf Gunnar zu zeigen, auf der Stelle zu hopsen und „Monster, Monster, Monster“ zu rufen. Dabei wurden sie immer lauter und traten immer kräftiger auf. Ohrenbetäubender Lärm entstand.
Gunnar war darüber sehr traurig, verließ die Schule auf schnellstem Wege, sobald sie zu Ende war. Nachmittags verabredete er sich zum Spielen mit Hans. Bald aber tauchte der Rest der Klasse auf, egal wo die beiden spielen wollten, um Gunnar zu ärgern. So verging der Herbst und der Winter kam, brachte Schnee und Eis mit.
Hans und Gunnar verabredeten sich zum Schlittschuhlaufen auf dem Dorfweiher. Der hatte schon ein paar Tage eine schöne Eisdecke. Sie setzten sich auf die Steinbank am Ufer und zogen die Schlittschuhe an. Die Bank erinnerte Gunnar an sein Zuhause am Meer. Auf genau so einer Bank saß er oft mit dem Vater und sah ihm dabei zu, wie er Netze reparierte. Dann zeigte er Gunnar auch immer einige Seemannsknoten. Das erzählte Gunnar jetzt seinem Freund. Dann
prüften beide vorsichtig die Eisdecke, bevor sie sich aufs Eis wagten.
Es dauerte nicht lange, und der Rest der Klasse folgte. Gunnar und Hans verging die Lust aufs Schlittschuhlaufen. Langsam machten sie sich aus dem Staub und steuerten das Ufer an. Die Schulkameraden hingegen eroberten schnell den See. Wieder zeigten sie auf Gunnar, wieder riefen sie „Monster, Monster“ und sprangen dabei im Gleichtakt, sprangen und sprangen und dann knackte es. Durch die zu heftige Vibration brach das Eis und alle fanden sich im kalten Wasser wieder.
„Hilfe“ brüllten sie aus vollen Kehlen, „Gott, rette uns.“ Doch der ließ sich weit und breit nicht blicken.
Die Hilfe kam einzig von Hans und Gunnar. Hans holte sein neues Taschenmesser, das sogar eine kleine Säge hatte, aus der Hosentasche. Schnell schnitt er  damit den langen Strick durch, der an einer Trauerweide nahe des Weihers angebracht war. Unten am Strick baumelte noch der große Reifen, von dem aus sie im Sommer ins Wasser sprangen. Was war das für ein Spaß! Jetzt aber wurde der Reifen schnell über das Eis geschoben und gewissermaßen als Rettungsring
eingesetzt. Das andere Ende des Stricks band Gunnar an der Bank fest.
Alles ging blitzschnell, fast wie im Traum. Die Jungen kletterten einer nach dem anderen aus dem Wasser und rannten, so schnell sie konnten, nach Hause.
Am folgenden Tag war die Klassenstärke um die Hälfte geschrumpft, so viele hatten sich erkältet. Aber die, die zum Unterricht kamen, plagte das schlechte Gewissen. In der Pause gingen sie dann auf Gunnar und Hans zu, um sich bei beiden zu bedanken. Natürlich entschuldigten sie sich auch für ihr dummes Lästern. Einige waren sich nicht sicher, ob sie ebenso mutig und beherzt zur Rettung bereit gewesen wären und gestanden das auch Gunnar und Hans ein.
Jetzt zögerte Gunnar nicht mehr länger und erzählte der Klasse vom Fliegenden Spaghettimonster und was er alles schon von Ihm lernen konnte. Gespannt hörten die anderen Kinder zu und fragten sich am Ende, warum sie sich Gunnar gegenüber so idiotisch verhalten hatten. Ihnen wurde klar, dass sie sich ohne zu überlegen und nachzudenken von den Erwachsenen beeinflussen ließen, die es einfach nicht fertig brachten, tolerant gegenüber Mitmenschen zu sein, die nicht haargenau so ticken, wie sie selbst. Von nun an gelobten sie, erst einmal ihren Verstand einzuschalten, bevor sie sich auf Dinge einließen, die ihnen am Ende peinlich sein mussten.
Gunnar hatte es mit seinen Erzählungen geschafft, bei ihnen die Neugier auf das Fliegende Spaghettimonster zu wecken, denn das Gesagte fanden sie
gar nicht so verkehrt. Sie wollten mehr über das Fliegende Spaghettimonster wissen. Das Gehörte verfehlte seine Wirkung bei Gunnars Klassenkameraden nicht und Gunnar ging von diesem Tage an wieder sehr gern in die Schule.
Den Tag am Weiher vergaß keiner der Gruppe. Gunnar entschied sich mit vierzehn Jahren, Pastafari zu werden, so wie der eine oder andere der Klasse auch.
So zog ein neuer Glaube in ein kleines Dorf Bayerns ein. Ein guter Anfang!