Unterwegs auf dem Camino de Kantelloni
Ich weiß nicht, ob ich auf der Suche nach etwas bin. Ich weiß nicht mal, ob ich, wenn ich etwas suchen würde, auch tatsächlich etwas fände. Und wenn ich es fände, würde ich es dann als das Gesuchte erkennen?
Die meiste Zeit rauschen wir durchs Leben – ungebremst, auf Vollgas, als flögen wir auf Autopilot. Nur um irgendwann festzustellen, dass man die ganze Zeit schon an dem vorbeigelaufen und -geflogen ist, von dem man dachte, es wäre das Ziel, als läge es am Ende des Wegs. Aber was am Ende aller Wege auf uns wartet, das wissen wir . Denn wir kommen aus dem Nichts. Und dahin werden wir auch wieder gehen. Alles, was wir in der Zeit dazwischen tun, wird den Unterschied machen zwischen Sinn und Sinnleere.
Und vielleicht ist das der Grund, weshalb ich losziehen muss. Um den kurzen Zeitraum, den wir Leben nennen, mit Sinn zu füllen.
„Ich gehe pilgern“, verkünde ich also. „Cool, mach“, ist der Kommentar meiner Frau. Nicht mit einem Schulterzucken, sondern mit einem Leuchten in ihren Augen. Ernstgemeint, unterstützend und bekräftigend. Also bleibt mir nurmehr eines zu tun. Cool bleiben und machen.

Ich, Pastafahri – Captain Kantelloni
In diesem Artikel begleiten wir unseren Bruder Captain Kantelloni auf seiner pastafarischen Pilgerfahrt. Wer auch Lust hat solch eine zu unternehmen, kann sich gern bei Ihm per Mail melden.
Du hast auch eine interessante Geschichte zu erzählen? Wir freuen uns davon zu erfahren und sie hier bei uns zu veröffentlichen: sprich uns einfach an!
Pilgern
Jede Weltreligion hat ihre Pilgerreisen. Anhänger:innen des Judentums pilgern nach Jerusalem. Ist verständlich, sind doch bereits ihre Vorfahren viel rumgekommen. Irgendjemand war in der Geschichte dieser Religion oder ihrer Vorläufer immer auf Achse gewesen. Bekanntestes Beispiel war wohl Mose, der seine Israeliten 40 Jahre auf Wanderschaft hielt. Das halte ich in meinem Fall für etwas übertrieben, so viel Urlaub würde ich nicht genehmigt bekommen. Muslimas und Muslime begeben sich auf Haddsch nach Mekka. Im Islam ist es die Pflicht einer jeden gläubigen Person, diesen heiligen Ort in Saudi-Arabien zumindest einmal im Leben besucht zu haben. Wenn diese Wallfahrt erfolgreich abgeschlossen wurde, erhält die pilgernde Person am Ende der erfolgreich absolvierten Pilgerfahrt „Haddsch“ den Ehrentitel „Hāddsch(a)“. Das ist eine Tradition, die ich hier schon einmal in meiner Funktion als Pirat kapern möchte:
Der Pastafari, welcher erfolgreich die Pilgerfahri beendet hat, nennt sich fortan Pastafahri.
Deutsche Pilger begeben sich wahrscheinlich besonders gerne, nachdem sie Hape Kerkeling gelesen und teure Wanderstiefel gekauft haben, nach Santiago de Compostela auf der Suche nach Erleuchtung. Buddhisten können fast überall pilgern: Angeblich wurden Siddharta Gautamas Überreste an 84.000 Orten weltweit verteilt und dienen als Zielreliquien für religiöse Wanderungen.
Jedoch pilgere ich nicht im Namen einer dieser großen Religionen, ich pilgere als Pastafari. Mich führt der Weg folgerichtig ins Saterland, zum Sakralbau der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters in Deutschland.
Ich wandere also nicht auf den Wegen der Jakobsmuschel, sondern im Zeichen der Jokusnudel.
Mein Ziel: Die Nudelmesse bei Bruder RigO_Toni. Als pilgernder Anhänger des Spaghettimonsters nenne ich meinen Weg den „Camino de Kantelloni“ – ca. 100 km zu Fuß, durch Regen, über Felder und durch Wälder. Mit Bandana, Besenstiel, unerwarteten Begegnungen, Blasen an den Füßen und Rückenproblemen.
Die Pilgerfahri
Tag 1
Start in Bremen
Ich plane, den Weg im Herzen Bremens beginnen zu lassen – eigentlich. Ein Hexenschuss zwingt mich dazu, die Route anzupassen. Ich starte daher in Bremen-Vegesack und verkürze den Weg etwas, bewaffnet mit einem Rucksack voller Pilgerkram und Pastafari-Propagandaflyern, sowie einem selbstgebauten Pilgerstab (aus einem Besenstiel – nachhaltig, praktisch, kommunikationsanregend).
Am ersten Reisetag ist Bahn-Bingo nach Bremen angesagt: ausgefallene Züge, schwäbische „Veschper“, Hanseaten, die meinen Sitzplatz beanspruchen und vielfältige Bekanntschaften. Ich lerne zum Beispiel Herrn „Göttingen“ kennen, einen ICE-Mitfahrer mit Sinn für Dialekte und Sarkasmus. Im Zugabteil prallt meine Piratenkluft auf Großstadtarroganz – und mittendrin ein schwäbischer Hund namens Jela, der die Ruhe selbst ist, solange es Leckerchen gibt.
In Bremen angekommen, treffe ich auf ein erstes Zeichen des Monsters: ein Thai-Imbiss mit gebratenen Nudeln. Ein göttliches Mahl. RAmen. Ich bin scheinbar auf dem rechten Weg.
Nach einem kurzen Besuch meiner ehemaligen Heimat und einem rettenden Wärmegürtel für den Rücken aus der Apotheke, schicke ich meinen Rucksack per Taxi voraus in die Herberge meines Tagesziels. Auch ein Pirat weiß: Hexenschuss schlägt Pilgerwunsch, doch Flexibilität schlägt Rückenschmerz.
Von Vegesack geht’s dann mit der Fähre über die Weser – der neue offizielle Startpunkt meiner Pilgerfahri. Der erste Tag führt mich nach Hude, durch nasses Gras und unter grauem Himmel. Das feuchte Schuhmilieu sorgt für Reibung zwischen den Zehen – eine leise Ahnung der Schmerzen, die noch folgen sollen.
Doch meine Laune bleibt stabil und ich ziehe unbeirrt weiter. Zum Glück entdecke ich bald darauf, hier in der norddeutschen Tiefebene, die Logienquelle „Kuh“. Sie berichtet von verloren geglaubten Weisheiten und Sinnsprüchen über das Spaghettimonster.
Ich habe mich lange mit ihr unterhalten. Ungefähr fünf Minuten. Dann war die gesamte Weisheit offenbart und ich fühle mich von den nudligen Anhängseln des Monsters berührt.
RAmen RAmen, ich sage euch, ich gelange zu den gleichen Erkenntnissen, welche die Landreligionen im Studium von jahrtausendealten Schriften und mündlich überlieferter, interpretierter Abschriften der Abschriften bierbrauender Mönche erhielten.
Die Antwort liegt nicht im Evangelium nach Henderson, nicht in Bibel, Tora oder Logienquelle „Q“ – deren Inhalt ohnehin dreist von unserer pastafarianischen Urquelle „Kuh“ abgeschrieben wurde. Ich will Klarheit. Ich frage mich selbst. Dann schnapp ich mir den Pilgefahristab, gehe raus, laufe, denke nach. Irgendwann trifft mich die Erkenntnis, ich treffe die Erkenntnis, wir sehen einander an. Dann gehen wir gemeinsam einen trinken. Bierelujah!
Tag für Tag
Drei Tage ich und das Monster
Tag für Tag wandere ich weiter – zuerst durch Oldenburg nach Dreibergen. Wieder kapere ich eine Fähre (diesmal übers Zwischenahner Meer) und weiter gehts nach Harkebrügge. Ich spreche auf der Reise mit Hotelangestellten, Marinefliegern und Familienvätern über Glauben und Piratentum, finde immer wieder Zeichen des Monsters entlang des Weges, treffe Menschen unterschiedlichster Ansichten und erfahre sogar etwas über ein angebliches „Christuslicht“ im Herzen durch einen Pilger der Landreligionen, dessen Weg sich mit meinem kreuzt (Er: ”Das wir uns treffen, kann kein Zufall sein!” – Ich: “Ähm, doch.”).
Tag 5
Ankommen
Dann, völlig unerwartet, bricht bereits der letzte Tag an. Ich erreiche leicht angeschlagen aber beschwingt das Saterland. RigO_Toni und seine Frau empfangen mich mit großer Herzlichkeit und Pizza, bekannt als Schwester der Spaghetti. Meine Frau, Pasta Ramidala, trifft auch an der Kapelle des Fliegenden Spaghettimonsters ein. Die gemeinsame Nudelmesse wartet.
Diese Nudelmesse sollte jedoch keine gewöhnliche sein. Unsere wunderbare Kirche durfte kürzlich eine Spaltung erfahren, wie dereinst die katholische und evangelische Kirche. Damals schlug Martin Luther seine Thesen in Wittenberg an die Kirche. Die Notwendigkeit für eine Neuausrichtung liegt nun bei uns und so werden in der Saterland-Kapelle kurzerhand die neun Pastafarischen-Prothesen nach Luther Matthäus angeschlagen. Das ist jedoch ein Thema, welches an anderer Stelle vertieft werden wird.

Video: Ankommen im Sataland
Resume
Das Ziel ist nach fünf Tagen und über 100km Fußweg erreicht – aber was liegt hinter mir? Die Erkenntnis, dass mein Weg nicht zu einem Ort geführt hat, sondern durch das Erleben der Werke des Monsters zu mir selbst.
In Momenten voller Kühe, endlos weiter Landschaften und unzähliger Windmühlen habe ich den Sinn gefunden. Das ist es, was ich aus den vielen Gedanken, die mich auf dieser Reise begleiteten, mitnehme. Dankbarkeit, Vertrauen und Liebe.
Ich bin hier. Ich bin Captain Kantelloni. Ich bin Pastafahri.

Galerie
Alle Bilder des Artikels auf einen Blick
Coole Sache!
Mit Blut am Fuß und Hexenschuss, wo war denn da das Monster bloß?
Da kann man die 100km Fußwanderung durchaus mit der Hadsch vergleichen.
Aber Saterland mit der kleinen Kapelle als Mekka des Pastafaritums, das ist nun wirklich weit daneben. 🙂
Das hat die Welt schon lange ganz anders entschieden:
https://kdfsm.de/paz-gedaechtniskirche-templin/
G_E_N_I_A_L🤩
Was für eine Hammeraktion.
„Der Pastafari, welcher erfolgreich die Pilgerfahrt beendet hat, nennt sich fortan Pastafahri.„
Volle Zustimmung
Er: ”Das wir uns treffen, kann kein Zufall sein!” – Ich: “Ähm, doch.”
Made my day😂
Aber noch zum Abschluss, warst du den Himmel so nah?
Und warum kann man das nur in Emden sein?
Und das auch nur zwischen 24. Mai – 03. November 2025.
RAmen😋