Auf Facebook schildert eine Mutter die Probleme ihre Sohnes im Ethikunterricht und bittet um Ratschläge.

Bisher war der Sohn, der auch schon eine Weile bei uns mit liest, im katholischen Religionsunterricht. Dort sollte und wollte er sich ein Bild über Religionen machen. Das hat er und ist nun in der 7. Klasse in den Ethikunterricht gewechselt. Der Lehrer ist ihm sympathisch, aber weil der Muslim ist, im Unterricht muslimische Praktiken wie das Tragen des Kopftuches befürwortet sowie bemängelt, dass es keinen muslimischen Religionsunterricht gibt, traut er sich nicht offen zu diskutieren. Das kommt aus der Zeit beim katholischen Unterricht, wo er diese Erfahrungen gemacht hat. Die Mutter schreibt:

“Mein Sohn kann seine Meinung über Religionen nicht frei äußern. Das stört ihn. Er könnte das bei einem gläubigen katholischen Lehrer auch nicht. Damit hat er bereits genug Erfahrung. Deshalb wünscht er sich einen glaubensneutralen Lehrer.”

Er hat Angst vor schlechten Noten und vielleicht, davon spricht die Mutter nicht, auch vor den muslimischen Mitschülern anschließend auf dem Schulhof. Das sei nur als Möglichkeit erwähnt, die wohl nicht sehr groß ist. Wieder die Mutter:

“Er hat eine nicht christliche Mitschülerin. Alle anderen sind Muslime. Das ist in unserer Stadt halt so. Und es gibt hier wirklich keine Probleme unter Schülern und im Alltag. Ich glaub manchmal, dass wir die einzige Stadt sind, die wirklich friedlich multikulti lebt”

Statt Vorschlägen bekommt die Mutter erst einmal Vorwürfe: “Pfui die bösen Muslime! Auch noch Ethik Unterricht unterwandern die schon. Kann es sein, dass ihr einfach islamophob seid?”
Es wird diskutiert, ob die Schule ein Wunschkonzert ist oder ob nicht jeder einfach so durch müsse, wie es ist. Ratschläge kommen erst sehr viel später.

Ist das tatsächlich so? Kann man sich halt die Lehrer und den Unterricht nicht wünschen, wie man ihn möchte?
Aber klar kann man das. Man kann sogar selbst versuchen, zu ändern. In der Schule wie überall.

Die Frage ist, wohin soll es sich bewegen mit dem Religionsunterricht?

Wenn Gläubige den befürworten ist nachvollziehbar. Nie kann man Kinder besser indoktrinieren als in diesem Alter.

Aber auch unter Humanisten gibt es Befürworter des Reliunterrichts. Die haben im Wesentlichen drei Argumente:

1. Es ist gut, wenn neutral über Religion aufgeklärt wird


Schule ist Ländersache und die Ansätze in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Immer aber läuft der Unterricht unter voller Kontrolle der Religionsgemeinschaften, die sogar entscheiden, ob der jeweilige, vom Staat bezahlte, Lehrer geeignet ist oder nicht. Es ist also zu erwarten, dass klar parteiischer Unterricht erfolgt.

So sieht es auch Wikipedia: “Religionsunterricht wird in der Regel aus der bekennenden Warte einer Lehrkraft erteilt, die der betreffenden Religionsgemeinschaft angehört. Somit gibt der Religionsunterricht von vornherein nicht vor, von einem neutralen Standpunkt aus erteilt zu werden.”
Natürlich gibt es graduelle Unterschiede. Jeder Relilehrer hat auch selbst die Möglichkeit, seinen eigenen Unterricht in bestimmten Grenzen zu entscheiden. Sollte er sich aber gegen die Interessen der Religionsgemeinschaften wenden, droht deren Widerspruch gegen seine Beschäftigung in der Schule.

Was sind nun deren Interessen? Die Deutsche Bischofskonferenz hat formuliert:

“Die Kirche entspricht ihrem Auftrag, wenn durch ihre Beteiligung am Religionsunterricht
gesellschaftskritische und humanisierende Impulse des Evangeliums wirksam werden können und einer Verengung des Denk- und Fragehorizontes der Lernenden auf Zweckrationalität gewehrt wird. Die Kirche darf sich nicht auf die Pflege weltloser Religiosität abdrängen lassen. Der uneigennützige Dienst am einzelnen Menschen und an der Gesellschaft hat positive Rückwirkungen für diejenigen, die ihn ausüben: Die Zielsetzung des Religionsunterrichts zwingt dazu, den Zusammenhang des christlichen Glaubens mit grundlegenden menschlichen Fragen zu bedenken.”

So, so, Rationalität soll verhindert werden. Schönes Lernziel.
Wer aus obigem Grund immer noch meint, Unterricht in Aberglauben )* sei was Tolles, sollte sich noch die Frage stellen, warum, wenn nicht aus Gründen der Mission, wird in den allermeisten Ländern Religionsunterricht nach Konfessionen getrennt erteilt?
)* Karl Heinz Deschner: “Dass Glaube etwas ganz anderes sei als Aberglaube, ist unter allem Aberglauben der größte.”

2. Unsere Kultur fußt auf dem Christentum, es ist nicht schlecht, wenn da Hintergrundwissen vermittelt wird.
Hier ist als erstes interessant, dass nur auf eine Religion abgestellt wird. Wieso nicht auch auf den Islam? Aufklärung und Humanismus wurden in großem Umfang geprägt von alten philosophischen Schriften, die im Christentum vernichtet und im Islam überliefert wurden.
Vor allem aber sind es eben diese Werte von Aufklärung und Humanismus die, Monster sei Dank, schon ziemlich lange unsere Kultur prägen und geholfen haben.
Was über das Christentum noch vermittelt werden sollte, passt locker in andere Fächer wie Kultur, Geschichte und Ethik. Gleiches gilt für alle anderen Religionen.

3. Wenn liberale Religion im Unterricht vermittelt wird, hilft das anderswo, Vermittlung radikaler Religion zu verhindern.

Auch hier wird im Wesentlichen nur auf eine Religion abgestellt. Durch Vermittlung eines liberalen Islams soll fundamentaler und gewaltbereiter Islam verhindert bzw. eingegrenzt werden.

Kann das funktionieren?

Es hat immer in allen Religionen gewaltlose oder zumindest gewaltarme Strömungen gegeben. Nie waren sie es, die sich durchgesetzt haben. Wenn das Christentum heute zumindest in Europa im Wesentlichen moderat auftritt, ist das nicht das Verdienst einer moderaten Strömung des Christentums, welche sich hier durchgesetzt hätte. Es ist allein das Verdienst der umgebenden Zivilgesellschaften und Staaten, die es in ihre Grenzen verwiesen und zu moderatem Auftreten gezwungen haben. Es sind nicht christliche Werte, die sich durchgesetzt haben. Im Gegenteil. Es sind, siehe oben, die des Humanismus. Werte, die von den Kirchen bis auf den Tod, was leider wörtlich zu nehmen ist, bekämpft worden. Erst als sich diese gegen den erklärten Willen der Geistlichkeit durchgesetzt hatten und anerkannt waren, haben die Kirche angefangen, sie als ihre Werte zu reklamieren und so den Eindruck zu erwecken, unsere gesellschaftlich Entwicklung sei ihnen zu verdanken.

Warum sollte das beim Islam anders sein? Wäre es nicht viel sinnvoller, den fundamentalen, gewaltbereiten Islam durch einen verpflichtenden Ethikunterricht inhaltlich zu bekämpfen?
Durch einen Unterricht, der nicht Klassen aufteilt, der nicht klar macht, ihr seid ihr und wir sind wir sondern der gleiche Werte für alle vermittelt?

Für mich ist das die einzig vernünftige Lösung.

Ein solcher Ethikunterricht muss nicht etwa wertneutral sein. Im Gegenteil. Er muss die Werte des Grundgesetzes und der Menschenrechte als verbindlich vermitteln.
Das kann auch ein Lehrer, der nicht Humanist, sondern religiös ist. Zu fordern, nur Lehrer mit einer entsprechenden Weltanschauung dürften bestimmten Unterricht erteilen, würde unserer Forderung widersprechen, eben diese weltanschauliche Benachteiligung abzuschaffen.
Zwingende Voraussetzung ist nur eins, er muss sich Religion gegenüber neutral verhalten.

Das hat der Lehrer oben nicht getan.
Es ist schwer, der Mutter eine Empfehlung zu geben. Die ist ja immer auch abhängig von den persönlichen Eigenschaften der Mutter wie des Sohnes.

Ich würde versuchen, mit dem Lehrer ein Elterngespräch zu führen. Dabei darf es nicht darum gehen, was der Lehrer unterlassen sollte. Vielmehr sollte die Erwartungshaltung der Mutter und des Sohnes erklärt und gefragt werden, wie sich die am besten umsetzen lassen. Vor allem die des Sohnes, ohne Angst diskutieren und auch kritisieren zu können.

Vielleicht lässt sich so schon ein Weg finden. Auf jeden Fall sollte dabei klar werden, was für Anschauungen und Absichten der Lehrer selbst hat. Vielleicht sind die sonst gar nicht so übel.
Wenn aber doch, hilft wohl nur der Weg zum Direktor oder Schulamt. Der könnte hart werden, denn bei der Klassenzusammensetzung werden sich kaum Mitstreiter finden lassen. Vielleicht wäre es dann doch besser, sich mit dem Unterricht abzufinden und die Diskussionen, die der Sohn gerne hätte, anderswo zu führen.

Falls aber doch der Kampf aufgenommen werden soll, kann dieses kleine Buch viel helfen.