“Denken Sie man könnte etwas bewegen, wenn auch hier in Schulen ein Fach mit dem Spaghettimonster eingerichtet werden würde?”

Diese Frage stellte mir Nadine. Sie hatte mich zunächst angerufen und wollte wissen, ob sie mir eine paar Fragen zur schriftlichen Beantwortung stellen darf. Fünfzehn sind es dann geworden.

Solche Anfragen von Schülern erreichen mich immer öfter. Aktuell wollte auch noch Hannes einiges von mir wissen. Immer geht es um einen Vortrag oder ähnliches, der in der Schule gehalten werden soll. Bei Hannes z.B. im katholischen Religionsunterricht. Wenn er den dort gehalten hat, wird er ihn auch uns zur Verfügung stellen, um ihn zu veröffentlichen. Wir haben es also, um die Antwort an Nadine vorweg zu nehmen, längst in die Schulen geschafft und auch Anfragen an mich, direkt in die Schulen zu kommen gibt es immer wieder.

Sicher interessiert auch euch, was die Schüler so wissen wollen und was ich antworte. Darum gibt es nun hier mal einige gesammelte Fragen:

Welche Ziele verfolgen Sie/ Ihre Religion?
Wir sehen uns gar nicht als Religion, sondern als Weltanschauungsgemeinschaft. Unser Ziel ergibt sich aus unserer Satzung. Wir möchten wissenschaftlich orientierte Weltanschauungen, besonders den evolutionären Humanismus, fördern und für die Gleichberechtigung von Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften kämpfen.

Die Religion vom Spaghettimonster nutzen wir, um dieses Ziel zu erreichen. Wir wollen damit zeigen, wie Religion funktioniert und wie lächerlich sie eigentlich ist und so den völlig unberechtigten Respekt vor Religion abbauen helfen.

Warum haben Sie sich den Pastafari angeschlossen? 
Anlass war ein Artikel im Spiegel im Jahr 2005. Ich war sofort von der Idee angetan, ein gesellschaftlich nützliches Anliegen mit Lust und Spaß zu verbinden. Genau diese Lust am Spaß verhindert, zu verbissen zu werden. Vor allem aber hat mich auch der Grundsatz der Pastafari, keine Dogmen zu akzeptieren, an allem zu zweifeln und nichts unhinterfragt zu glauben, begeistert.

Waren Sie bevor der Glaube auftauchte auch gläubig und haben sich von einer anderen Religion abgewendet, oder hatten Sie eher eine unreligiöse Stellung?
Ich war nie religiös, allerdings nicht immer religionskritisch. Das hat sich, vor allem durch deren wachseneden Einfluss auf mein Leben nach der Wende, dann aber sehr geändert.

Wie hat sich seit ihrem Bekenntnis ihr Leben verändert (Freunde, Verwandte, Beruf)?
Meine alten Bekannten reagieren unterschiedlich, aber nie ablehnend. Ansonsten habe ich durch das Pastafaritum eine Menge neuer Freude gefunden. In der Verwandtschaft gibt es Zustimmung bis leichte Ablehnung.

Wie denken sie über jemanden, der Ihre Lehre verspottet oder nicht anerkennt?
Gut so, der hat bereits den ersten Schritt gemacht. Er muss nur noch erkennen, dass das für alle Religionen gilt. Wer Religion ernst nimmt, ist selbst schuld. Ernst zu nehmen sind nur deren in der Summe negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Kann jeder eine Nudelmesse halten oder gibt es auch eine spezielle Ausbildung, eine Prüfung oder ein Ritual was erreicht werden muss?

Das kann jeder machen. Die meisten werden bei Nudelmessen etwas angelernt, dann kann jeder sofort loslegen.

Wie sieht es aus für die Leute die die Nudelmesse halten, gibt es auch eine Art Diakonie?
Was hat eine Messe mit Diakonie zu tun? Die gibt übrigens ganze 2% Eigenmittel für ihre Arbeit aus, der Rest kommt von der öffentlichen Hand und von Spenden. Da können wir locker mit halten, wir geben deutlich mehr Prozent unserer Mittel für gemeinnützige Zwecke aus, nämlich fast alles (außer ein bisschen Bürokosten).

Wie kann man als Pastafari heiraten, gibt es auch so eine Art kirchliche Trauung?
Natürlich gibt es die, ebenso wie auch Taufen. Einige Trauungen kannst du dir auf youtube ansehen, z.B. die

Im christlichen Glaube wird viel von Gotteserfahrungen gesprochen (Zeichen), hatte in ihrem Glauben auch schon jemand solch eine Erfahrung?
Ständig.
Eine schöne Portion Spaghetti mit Fleischbällchen und dazu ein oder mehrere Biere, schon haben wir unsere Gotteserfahrung.

Ich erkenne einige christliche Elemente in ihrem Glaube wieder, warum haben Sie sich für das Spaghettimonster und nicht für Gott entschieden?
Natürlich habe ich mich für Gott entschieden. ES (das Fliegende Spaghettimonster) ist Gott. Der alte Jahwezausel ist nur ein falscher Götze.

Wie sollte ein Atheist mit dem FSM umgehen? Sind sie eine „Religion der Atheisten”?
Wie er möchte. Manche mögen uns, manche behaupten, auch aus uns könnte mal eine richtige Religion werden. Das sind die, die unsere oberste Regel, nichts zu glauben und an allem zu zweifeln, nicht kennen.

In den USA kann jeder Pastafari sein, auch Gläubige. In Europa hat sich das anders entwickelt. Das liegt daran, dass hier die Gesetzeslage eine andere als in den USA ist. Weil es hier fast keine laizistischen Staaten gibt, haben sich die meisten europäischen Kirchen den Kampf um die Gleichberechtigung von Religion und Weltanschauung auf die Fahnen geschrieben. Einige darüber hinaus auch dem Kampf gegen Religion an sich. Den kann man aber nicht mit abergläubischen Menschen in den eigenen Reihen führen (wir machen keinen Unterschied zwischen Glauben und Aberglauben).

So gesehen sind wir dann tatsächlich nur für Atheisten, Agnostiker und Ähnliche offen.

Was wenn man sich nachträglich zu eurem Glaube bekennt? Muss man aus der Kirche austreten?
Wenn man sich zu unserem Glauben bekennt, kann man auch in der Kirche bleiben. Allerdings muss man zu unserem Satzungsziel stehen, der Förderung wissenschaftlicher Weltanschauungen. Dazu passt es natürlich nicht, wenn man noch an falsche Götzen glaubt. Aber in den Kirchen gibt es zwischen 10 und 20% Atheisten. Die können gern auch Mitglied bei uns werden.

Wollen Sie ernst genommen werden?
Als Religion nein, als Weltanschauungsgemeinschaft ja.
Das haben wir auch schon ganz gut geschafft. Nachdem uns am Anfang viele nur für Spinner gehalten haben, weiß jetzt fast jeder, das wir ein ernstes Anliegen haben, auch wenn wir das mit großem Spaß verbreiten.

Ihre Religion ist ja entstanden, um dem Kreationismus im Schulunterricht entgegenzuwirken. Was würden sie davon halten, wenn die Lehre des FSM tatsächlich an Schulen unterrichtet werden würde, wie gefordert?
Das wird sie doch bereits, du bist ja selbst ein Beispiel dafür und es erreichen mich immer mehr solche Anfragen. Ich werde auch angefragt, selbst in der Schule Stunden zu halten.
Aber du meinst wohl direkten Religionsunterricht, wie er bei uns gesetzlich vorgeschrieben ist.
Das wollen wir nicht. Unser Ziel ist ja die Gleichberechtigung von Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften. Aber nicht auf Ebene der Kirchen, sondern auf unserer. Wir wollen also nicht deren Privilegien haben, sondern die sollen ihre verlieren. Sie sollen keine Körperschaften des öffentlichen Rechts mehr sein, sondern dem Vereinsrecht unterstellt werden und genau wie wir, regelmäßig Rechenschaft über die Verwendung ihrer Gelder ablegen müssen.

Fast alle anderen Religionen existieren schon Jahrhunderte… was meinen Sie, hat es einen Grund oder macht es Pastafari fragwürdiger, dass dieser Glaube erst seit 2005 auftauchte?
Ganz im Gegenteil. Die Entwicklung geht doch immer vorwärts. Das heißt auch, dass neue Religionen viel besser sind als alte. Wir würden z.B. nie an sprechende Schlangen glauben oder daran, dass durch Zauberei 1000 Leute von einem Brot satt werden oder aus Wasser Wein wird.

Im Übrigen sehen wir uns gar nicht als Religion, sondern als Weltanschauungsgemeinschaft.

Was machen sie hauptberuflich?
Ich bin Rentner. Vorher war ich 15 Jahre Jugendsozialarbeiter und habe einen kleine freien Träger der Jugendhilfe gegründet und geleitet.

Mussten sie schon so etwas wie Diskriminierung oder Nachteile aufgrund ihrer Religionsangehörigkeit erfahren? (wie zB einen Job nicht bekommen etc.)

Ich betrachte es als ständige Diskriminierung, wenn Weltanschauungsgemeinschaften nicht die gleichen Rechte zuerkannt werden, wie Religionsgemeinschaften. Ich betrachte es als ständige Diskriminierung, wenn mir durch kirchliches Sonderarbeitsrecht als Atheist große Teile des Arbeitsmarktes, gerade im sozialen Bereich, verschlossen bleiben. Ich betrachte es als ständige Diskriminierung, wenn ich als Atheist durch meine Steuern über den Staat Leistungen in Höhe von rund 20 Milliarden Euro jährlich an die beiden Großkirchen mitfinanzieren muss. Dabei sind z.B. die Gehälter der Bischöfe. Ich betrachte es als Diskriminierung, wenn mir an christlichen Feiertagen verboten wird zu tanzen oder lustige Filme anzusehen. Ich betrachte es als Diskriminierung, wenn Kirchen mich zwingen, nach ihren Anschauungen zu sterben und Sterbehilfe in Deutschland verhindern. Ich betrachte es als Diskriminierung,….
Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.

Da ich, siehe oben, meinen eigenen Arbeitgeber hatte, bin ich selbst bei der Jobsuche nicht diskriminiert worden. Aber es gibt Pastafari, die auch im sozialen Bereich arbeiten und sich nicht outen, aus Furcht ggf. einen Job nicht zu
bekommen.

Wer nun noch nicht genug hat, kann sich auch noch eine sehr gelungene Abiturarbeit von Daniel ansehen.