Foto: Jürgen Matern

Manchmal, liebe Schwestern und Brüder, stolpert man über alte Dinge und plötzlich wird wieder etwas interessant, was man schon längst vergessen hat. 

So ging es mir heute als ich in meinem Mailordner auf Mails von Sven Speer gestoßen bin. Der betrieb damals als  Doktorand an derGraduiertenschule des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ einen Blog zur Religionspolitik.
Als ich, neugierig durch die gefundenen Mails, die Diskussion nachlesen wollte, stellte ich fest,  den gibts nicht mehr
Das könnte einfach an einer Umstrukturierung liegen. Aber auch gut möglich, das hängt mit seinem jetzigen Job als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Serkan Tören, Mitglied des Bundestages für die FDP, zusammen. 
Um so interessanter sind wohl die Antworten Sven Speers in unserer Diskussion. Natürlich wäre es besser, die ganze Diskussion zu haben. Da aber der Blog gelöscht wurde und die Emailbenachrichtigungen nur Sven Speers Beiträge enthalten, nicht aber meine, ist das nicht mehr möglich. 
Grundsätzlich ging es darum, dass Sven Speer die Finanzierung der Kirchen durch den Staat auch in der damaligen Höhe verteidigt hat. 
Meine Haltung dazu war und ist, Gleichberechtigung der Weltanschauungen kann es nur auf dem Nullniveau geben, da der Staat unmöglich für alle Gruppen solche Finanzierung leisten kann. Auf Mitgliederzahlen, z.B. der Kirchen und humanistischer Vereine, abzustellen, ist nicht möglich, da die Eintrittsvoraussetzungen (Zwangstaufe) völlig andere sind.  
Ich hoffe, das reicht, um euch den roten Faden finden zu lassen. Da Sven Speer jetzt einen Bundestagsabgeordneten berät, sind seinen Aussagen sicher interessant.

29.06.2010
Verehrter Bruder Spaghettus,
ich möchte keiner Religion oder Institution
“besondere Rechte und Förderung im Vergleich zu anderen
Weltanschauungen/Religionen einräumen”. Was ich fordere, ist eine
Gleichbehandlung in der Förderung. Dass bspw. immer wieder weltanschauliche
Schulen von Humanisten durch die Politik blockiert werden, halte ich für eine
schreiende Ungerechtigkeit.
Über die Förderungswürdigkeit im Einzelnen soll meines
Erachtens nicht die Politik entscheiden (wie im Falle von Konkordaten und
Verträgen), sondern die Gerichte müssen entscheiden, welche Gemeinschaften sich
im politisch gesetzten allgemeinen Rahmen für eine staatliche Förderung
qualifizieren.
Ihr Gottesdienst (http://www.youtube.com/watch?v=idno6_SaWaM)
hat mich aufgrund seiner Würde und Lockerheit sehr beeindruckt. Zwar wird die
Kirche des Fliegenden Spaghetti-Monsters nicht meine geistige Heimat. Aber ich
wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg – auch bei der staatlichen Anerkennung.
30.06.2010

Die finanzielle Förderung insgesamt einfach aufzustocken,
halte ich genau wie Sie nicht für leistbar. Die Staatsleistungen sind
kontinuierlich gestiegen sind (meist analog zur Beamtenbesoldung), gleichzeitig
aber sind immer weniger Menschen Mitglied in einer Kirche. Immer mehr Geld für
immer weniger Menschen ist nicht gerecht. Die finanzielle Förderung von
Religionen und Weltanschauungen muss auf Grundlage der Anhängerzahl erfolgen.
Daher muss umverteilt und bei den großen Kirchen gekürzt werden.
Das kirchliche Arbeitsrecht ist eine sehr harte Nuss. In
der Frage bin ich noch zu keiner Meinung gekommen. Probleme sehe ich sowohl bei
der bisherigen Praxis als auch bei einer vollkommenen Abschaffung von
Tendenzbetrieben im konfessionellen Bereich.
In den Medienräten sind die großen Kirchen zurecht
vertreten. Die Frage ist aber, ob sie und ihnen nahe stehende Organisationen
insgesamt so stark vertreten sein sollten. Nicht vergessen dürfen wir dabei,
dass auch die Vertreter kirchennaher Einrichtungen nicht alle einer Meinung
sind. Mehr Vielfalt täte aber sicher gut.
01.07.2010

Auch in meinen Augen sind die Kirchen kein Hort
besonderer (!) Moral. In meinen Augen darf der Staat aber nicht zu eng
festlegen, was moralisch ist. Daher müssen die Kirchen als größte
Organisationen im religiös-weltanschaulichen Bereich in Gremien wie den
Medienräten und dem Jugendschutz vertreten sein. Gleichzeitig dürfen sie diese
Räte aber nicht monopolisieren. Hier muss eine Vielfalt gehört werden, weil der
Staat nicht einseitig Partei ergreifen darf.
Die Abgrenzung von den kirchlichen Einrichtungen zum
Tendenzschutz war mir vorher nicht so klar. Danke für die Aufklärung. Aber wie
gesagt, in dem Punkt bin ich noch zu keiner abschließenden Meinung gekommen. 
02.07.2010
Dass ein Drittel der deutschen Bevölkerung
konfessionsfrei ist, weiß ich nicht nur, ich sage das sogar bei fast jeder
Gelegenheit. 😉
Die Kirchen und manch andere Organisationen haben häufig
geborene Sitze in Ausschüssen, ja. Den Konfessionsfreien fehlen solche Sitze,
weil sie nicht organisiert sind – was jedem freistünde zu tun. Konfessionsfreie
sitzen aber in vielen Gremien, nämlich als Vertreter verschiedener
gesellschaftlicher und politischer Gruppen.
Bei den hohen Austrittszahlen der großen Kirchen kann in
meinen Augen aber keine Rede davon sein, dass das Gros der Mitglieder nur durch
Zwang in diesen Kirchen gehalten werden. Die Arbeitsverhältnisse in der
Wohlfahrt klammere ich dabei einmal aus.
06.07.2010
Wer nicht organisiert ist, kann nicht gefördert werden
wie diejenigen, die organisiert sind. Die meisten Organisationen der
Konfessionsfreien, Säkularen, Atheisten, Humanisten und so weiter streben gar
keine politische Förderung an, sondern wollen eine Trennung von Staat und
Religion (und damit auch von säkularen Weltanschauungen). Ich hingegen bin für
ihre politische Unterstützung.
Vergessen dürfen wir nicht, dass Konfessionsfreie nicht
selten sehr gut organisiert sind – nur halt nicht in religiösen oder
weltanschaulichen Vereinigungen, sondern in Hospizvereinen, in Kleingärten, bei
amnesty, im Gesangverein und so weiter. Und solche Vereinigungen werden sehr
häufig vom Staat unterstützt.
Die vermeintliche Integration des Islam verläuft derzeit
tatsächlich aus der Perspektive der Problemlösung heraus. In den Diskussionen
um die islamische Theologie und den islamischen Religionsunterricht wird dies
sehr deutlich. Eine Integration auf Augenhöhe ist meines Erachtens notwendig.