Nun war er also da, unser großer Tag. Der begann erst mal mit einem kleinen Schreck. Ausgerechnet heute, als wir dran waren, waren die Veranstaltungen nicht im kleinen, sondern im Großen Kinosaal der Schauburg. Wir waren auch noch als erste dran, konnten also nicht auf Gäste der Vorveranstaltung hoffen. Entsprechend nervös waren wir, als 5 min vor Beginn knapp mehr als 10 Leute da waren. Sascha gab uns den Tipp, einfach noch etwas zu warten, die Leute kämen immer später. Recht hatte er, aber dann ging es hintereinander weg mit unseren Fleischbällchen. 
10 min nach der Zeit war dann der Saal gut gefüllt, Sascha von den Gastgebern, dem GeFAHR e.V. Dresden, gab ne kurze Einführung und los gings:
“Liebe Brüder und Schwestern, tapfere Freibeuterinnen und Piraten, bekehrenswerte Gäste. Ja, wir sagen es offen, Sinn eines Kirchentages ist die Mission und wir sind hier, um zu missionieren. Eigentlich wollten wir das auf traditionelle Art tun, die Türen schließen und mit einem Scharfrichter von Mann zu Frau gehen um die Frage zu stellen: Glaubst du, oder willst du dran glauben? Leider hat das Ordnungsamt unseren Antrag nicht genehmigt. Also müssen wir es anders versuchen…..Wir sind die einzige Religion, die wissenschaftlich ist, denn wir sind dem Zweifel verpflichtet. Wir geben im Gegensatz zu den anderen Religionen ehrlich zu, unser Gott ist ein Monster, sind also der Wahrheit verpflichtet. Wir haben die besten Jenseitsversprechungen: Biervulkan und Stripperfabrik….Wir haben die besten Reliquien und die größten Wunder. …”. 
Mit fassungslosem Staunen und von tiefer Ehrfurcht ergriffen, lauschte das festlich gekleidete Auditorium.
Wer in der Eile, noch rechtzeitig zur Heiligen Messe zu kommen, nicht mehr die Zeit für dem Anlass entsprechende Kleidung hat, schmückte sich mit einem Piratenfähnchen, das wir in jedes Fleischbällchen geschlagen hatten. Der Erfindungsreichtum SEINER Anhänger ist unendlich.
 
Als Elli Spirelli dann noch in gekonnt betonter Weise klar gemacht hatte, welch ein Wunder es ist, wenn ES deutlich sichtbar bei unserer Gründungsmesse mit SEINEN nudligen Anhängseln die Piratenflagge gesegnet hat, war wohl schon fast jeder überzeugt. Unsere dritte Reliquie, war in seinem Wunder aber so groß, dass Elli gar nicht viel sagen brauchte. Eine Rumflasche, die bei einem Piratentreffen verschlossen bleibt, die dann der Gastgeber tatsächlich nicht selbst trinkt, sondern sie zur nächsten Messe wieder mitbringt wo sich das ganze wiederholt, ein größeres Wunder ist schlicht weg nicht denkbar.
Als dann der Aufruf kam, nach vorn zu kommen, sich zu bekehren und gemeinsam mit uns das Glaubensbekenntnis abzulegen, setzte eine Bewegung ein, die uns kurz fassungslos machte. Die Ungläubigen drängten sich auf den Treppen und strömten auf die Bühne, so stark war ihre Sehnsucht, endlich Teil unserer wissenden Gemeinschaft zu werden. Wie leid es uns tat, das nicht mal alle auf die Bühne passten und etliche noch auf den Treppen stehen mussten. Um so lauter und deutlicher schallten die Worte, die uns zum Pastafari machen und mit denen wir unseren Glauben immer wieder erneuern, durch das Haus: “Ich glaube an das Fliegende Spaghettimonster, die Mutter, der niemals die Energie ausgeht, die Gebärende des sphärenklingenden Himmels und der evolutionsfreien Erde.. ” 
Doch damit nicht genug. Einer der Leute, die auf der Bühne standen, war sogar extra aus Frankfurt/Main angereist. Nicht nur um seinen Unglauben abzulegen und Pastafari zu werden, sondern sogar um unserer Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters e.V. einer wegen Förderung kirchlicher Zwecke als gemeinnützig anerkannten Körperschaft, beizutreten. Das bedarf natürlich besonderer Qualitäten. Um die zu prüfen, musste er sich dem Gottesgericht unterwerfen. Dabei müssen Penne auf ein Spaghetti gefädelt und dann damit unser Monster gegrüßt werden. Hält das Spaghetti, hat er bestanden. Hält es nicht, gibt es weitere Spaghetti. 
Hier hat es gleich beim ersten Mal geklappt. Natürlich braucht ein Pastafari auch einen Namen und natürlich erhält er den in einer Taufe. Unsere Wissenschaftler haben in ausgiebigen Selbstversuchen festgestellt, eine solche Taufe wirkt viel besser, wenn sie innerlich und selbstbestimmt vorgenommen wird….und so hat sich denn Bootsmann Bucatini seinen neuen Namen selbst mit einer Flasche Bier von SEINEM Biervulkan verliehen. 
Alle anderen mussten auf ihr Bier bis zum heiligen Abendmahl warten. Das begann dann auch gleich. Erst mal mit einer kleinen Panne. Weil unsere geweihten Nudeln natürlich kostbar sind, werden die genau abgezählt wenn sie gekocht werden. Wir hatten so mit maximal 10 Abendmahlsgästen gerechnet, vorsichtshalber aber doch 30 gekocht. Oh, wie haben wir uns verschätzt. Gleich war uns klar, die langen nie und nimmer. So verzichteten wir auf den sonst üblichen Ablauf, bei dem jeder vor dem Nudler kniet und zu dessen Worten: “Nudel von SEINEN nudligen Anhängseln” bei gefalteten Händen ein Spaghetti einzieht. Statt dessen ging hier der Nudler von Frau zu Mann, jeder knipste sich ein halbes Spaghetti ab. Klar, die Worte wurden auch hier gesprochen und nach der ersten Runde war ich schon fast heißer.
Die entscheidende Runde mit “Bier von SEINEM Biervulkan” stand aber noch bevor. Ihr ahnt es, dabei musste mehrmals nachgeschenkt werden. Als ich am Ende den Abendmahlskelch leeren durfte, war nicht mehr viel drin.Hier hatte ich Gelegenheit, die Glaubensfestigkeit der Neupastafari zu testen. Mit großem Erfolg. Als ich bei mir den Abendmahlsspruch änderte in: “Bier von meinem Biervulkan” erkannten alle den Fehler. “Blasphemie” hieß es da und “Steinigt ihn”. Ein hohes Gefühl beschlich mich über soviel Stärke im Glauben.
Der Schluck Bier war aber genug, um mich für die abschließende Predigt zu stärken. Die Losung des Kirchentages “..da wird auch dein Herz sein” und die geniale Antwort des GeFAHR e.V. in Bezug auf die religionsfreie Zone in der Schauburg “..und da wird dein Hirn sein” gaben eine prima Vorlage. Brauchen wir nicht eigentlich beides, Gefühl und Verstand? Ist nicht das wichtig und z.B. die Diskussion um den fehlenden freien Willen völlig Wurst? Mir jedenfalls, und ich denke, ich liege da nicht falsch. Denn wenn es den freien Willen gibt, braucht mich die Diskussion nicht zu scheren, und wenn es ihn nicht gibt, kann ich halt nicht anders. Aber ich kann mich im Willen frei fühlen. Nämlich dann, wenn ich trotz des Wissens, der hat natürlich Ursachen und kommt nicht aus dem leeren Raum heraus, das Gefühl habe, mich ohne äußeren Zwang entscheiden zu können. Der Mensch entscheidet mehr über das Gefühl als über das Wissen. Und doch ist Gefühl ohne Wissen, Herz ohne Hirn, alles andere als gut. Mit dem einem Gedicht von Reiner Kunze ging die Predigt und auch die Messe zu Ende. Nachdem uns schon vor der Messe ein Journalist von der Morgenpost interviewt hatte, wartete nun schon ein Radioreporter aus FFM auf uns. Wir hatten nicht mal Zeit, die Rekordkollekte zu zählen, die in meinem Piratenhut lag. Mehr als eine halbe Stunde O-Ton hat der von uns aufgenommen und auch versprochen, uns mitzuteilen, wann es gesendet wird.

Das Beste vom Abend kam aber noch. Ein Pastafari, Wirtschaftsstudent in Dresden, hatte geduldig auf uns gewartet um sich über unseren Verein zu erkundigen. Auch er wird eintreten. Noch besser: er wird sich auch bemühen, in Dresden eine Gemeinde zu gründen. Als Florian gegangen war, kam Dirk. Mit einem konkreten Angebot zur pastafarianischen Zusammenarbeit mit seinem Verein. Sogar auf dem Weg zum Auto wurden wir noch mal angesprochen, und ein weiterer Pastafari erklärte seinen Wunsch, auch Mitglied unserer Kirche zu werden.

Drei Tage Dresden, der Kirchentag und auch die Feiern mit Freunden hatten uns etwas geschafft und unsere Heilige Messe mich noch mal richtig ins Schwitzen gebracht, denn die sparsamen Techniker hatten sowohl Klimaanlage als auch Zwangsbelüftung ausgeschaltet. Trotzdem hat sie uns so begeistert, dass die Euphorie noch die ganze Fahrt zurück in die Uckermark anhielt. Dort angekommen, huldigten wir IHM mit einem Trunk aus dem Biervulkan um dann zufrieden und glücklich ins Nest zu fallen und süß von Fleischbällchen zu träumen.

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