Nein, es geht nicht um unsere Klage vor dem Verwaltungsgericht und
die dazu laufende Spendenaktion. Etwas anderes ist es, was mir
Sorgen macht.

Ein 23jähriger Student hat seine Freundin
erstochen, weil die sich nicht, wie er wollte, das gemeinsame Kind
abtreiben lies. Natürlich wurde er wegen Mordes verurteilt. Aber es
wurde nicht, wie die Staatsanwaltschaft es wollte, damit er nicht
nach 15 Jahren vorzeitig entlassen werden kann, die besondere Schwere
der Schuld festgestellt. Das Gericht hat diese besondere Schwere
nicht gesehen, denn der Mörder habe sich in einer Zwangslage
befunden. Als solche erkannten die Richter seine kulturelle und
religiöse Herkunft. Der muslimische Mann war Deutscher, ist hier
aufgewachsen und zur Schule gegangen. Auch wenn seine Familie aus
Afghanistan stammt, geprägt wurde er hier.

Daraus ergeben
sich für mich einige Fragen.

Die kulturelle Herkunft ist bei allen
Deutschen mehr oder weniger gleich und wird durch das Grundgesetz
abgedeckt. Natürlich machen unterschiedliche Menschen da
Unterschiedliches draus. Hätten sie aber nicht müssen, sie hatten
und haben die gleichen Möglichkeiten. Die religiöse Herkunft macht
also den Unterschied.

Wie verhält es sich also mit anderen
Religionen?
Müssen dann Pastafari (ja, ich weiß, die morden
nicht, aber mal angenommen) genau mit dem Gegenteil rechnen? Würde
bei ihnen immer eine besondere Schwere der Schuld festgestellt
werden, weil ihr Glaube und damit ihre religiöse Herkunft nicht nur
in der Praxis, sondern auch in der Theorie jeden aggressiven Akt
verbietet und Männer und Frauen absolut gleichberechtigt behandelt
werden? Es wäre nur logisch.

Christen sind hier längst auch
durch die Werte von Humanismus und Aufklärung geprägt. Die meisten
jedenfalls. Aber sie könnten zumindest ihre Theorie anführen, um
sich vor der besonderen Schwere der Schuld zu bewahren.

Inzwischen
leben in Deutschland aber schon immer mehr Menschen ohne religiöse
Prägung.

Können die ihre weltanschaulichen Prägungen anführen?
Religionsgemeinschaften und
Weltanschauungsgemeinschaften sind vor dem Grundgesetz
gleichgestellt. Das lässt sich folglich auch auf religiöse und
weltanschauliche Prägung bzw. Herkunft beziehen.

Können
also z.B. Nazis sich darauf berufen, dass es bei ihrer weltanschaulichen Herkunft normal ist, Andersdenkende, Juden,
Ausländer, Homosexuelle usw. zu verfolgen? So schlimm es klingt, es
wäre nur gerecht.

Also gibt es einen Fehler im Rechtssystem
und der ist gar nicht schwer zu finden: Weder religiöse noch
weltanschauliche Fragen haben bei der Urteilsfindung eine Rolle zu
spielen. Es sei denn, die ist verfassungsfeindlich. Aber dann wäre
ja eben diese Verfassungsfeindlichkeit und nicht die Weltanschauung
der Punkt.

Vielleicht sollten wir sogar noch weiter denken.
Ist es, auch in Anbetracht des fehlenden freien Willens der Menschen,
nicht angebracht, überhaupt weg von der Schuldfrage im Strafrecht zu
kommen? Schuld ist eine moralische Kategorie. Was hat eine solche im
Strafrecht zu suchen?

Nichts, genau so wenig, wie Religion und
Weltanschauung.
Wenn ihr, tapfere Freibeuterinnen und Piraten, in
eurem Kampf für den Stopp der Erderwärmung mal Pause macht, wenn
ihr mal ein anderes Thema sucht, denkt darüber nach, ob das eins für
euch wäre.